Schwamm drübr

Schön, dass wir in GR nicht allzuviele Verschwörungstheoretiker haben. Mindestens augenfällige. Verschwammungs-Tendenzen haben wir aber viele.

Schwamm-Graubünden ist überall.

Wenn Skandale unterschwellig drohen, wird meist schwammig reagiert. Der Bündner Justiz-Apparat lässt grüssen. Meint auch, das sei alles nur Sensationsmache.

Angewandtes Schweigen ist in, eine gewisse Verdruckstheit spürbar. Ein Bündner will ständig besänftigt werden. Das ist fast kanonisch festgelegt. Geht meist mit einem Verstummungsfestival aller Beteiligten einher.

Die meisten sind an einer breiten Diskussion gar nicht interessiert…schon gar nicht die Leadmedien der Südostschweiz. Und im Rahmen unserer Kontaktstörungen wird dann auf TV Südostschweiz eine Talk-Show ausgestrahlt, die den Level einer Kita-Ringelreihe mit Media-Praktikanten hat.

Wir sind so eine Insel der Gemeinsamkeit. Der Engadiner Grossrat, der auch Bauunternehmer war, bevor er der Kartellgesetzbrecher-Bauunternehmer wurde, giftet mich an am Stammtisch (auf il Fuorn), wenn ich kartelliges verbreite.  Guat, er ist entschuldigt, wissen wir von Herakles, jeder wichtige Held muss mal kurz in die Unterwelt.

Vom Schellenursli haben wir ja gelernt, je grösser der Narr desto grösser die Schelle.

Darum kennt man vor allem Bündner wie den Unternehmer Stoffel oder den Raiffeisen Dunkel-Manager im Unterland. Sie gehen eben gerne in d’Schwämm. Ist ertragreich.

 

Umgekehrt, wenn ich in der Sportgarderobe in Chur einen Whistleblower in Schutz nehme, meint der neurechte Baulöwen-Anwalt beim Unterhosen-Hochziehen, das sei halt schwammig und mein Urteil wiedermal ebenso.

Sie gehen auch gerne auf die Jagd. Ist harmloser. Da Sie den grössten Teil ihres Lebens mit Steinbock-Witzen verbringen, sie sind ja zufrieden und halten sich für so kultiviert, wie es ihnen bei dem Kulturangebot überhaupt möglich ist.

Die meisten Bündner haben mittelmässige Jobs, sind glücklich, dass sie das nicht merken, und freuen sich auf die Jagd oder die Skisaison, wo sie dann Leberli essen (also nicht beim skifahren).

Aber es ist nie nur ein Leberfleck, sagt mir der investigative Journalist,

der leider zur „Republik“ musste, da seine Reports in GR meist nur mit „Schwamm drüber“ kommentiert wurden.

Ein lauwarmer Konsensstrom durchströmt uns. Nicht erst beim Baukartell-Skandal. – Schliesslich wollte man ja nicht alte schlechte Systeme durch neue schlechte Systeme austauschen…

 

Wir haben auch einen Kulturminister, der die Kartell-Debatte eher als Unkultur auffasste. Und immer wieder gewählt wird. Schliesslich wird er nobilitiert durch Bildungsbürger-Förderungs-Kultur wie Origen. Hauptsache sind  dort Themen, die nichts mit uns zu tun haben sollten. Wie biblische Geschichten und der Tanz ums goldene Kalb.

Und sogar das WEF kalbert neuerdings etwas schwammiger…

Dort haben wir eigentlich nichts zu sagen, bezahlen aber die Sicherheit. Das gab uns bisher immer so einen internationalen Pelzmantel-Groove. Dieses Bodyguard-Fragrance-Lüftli…Hier ist St.Moritz zwar der Tenor (der Gemeindepräsident ist sogar einer), die Abkassier-Arien singen aber die Davoser.

 

So ist das bei uns. Diesem ebenerwähnten Regierungsrat Parolini für die Wiederwahl zu gratulieren ist kein Kompliment, sondern eine Zweitmeinung. Das meinen wir dann schwammig wie er, schwenken schnell in seinen Vallader-Kirchenlehrerton. Er meint’s ja nur gut, und das erst noch in romanisch. Ex Oriente lux, ex Occidente frux. Aus dem Osten das Licht, aus dem Westen die Frucht, heisst’s doch so schön. Auch etwas schwammig, meine Anspielungen. (Parolini kommt aus dem Osten GRs…und ist nicht unbedingt ein Licht.)

Schwamm-Dummheit geniesst leider den Vorteil immer in der Mehrheit zu sein. Angewandte Schwarm-Intelligenz sehen wir dann eher in Grossanlässen wie Hockey-Matchs. Wir besitzen eine gewaltige Ausdauer und seelische Stumpfheit uns über Monate und Tage an Olympia-Wünschen und Weltcup-Events zu vergnügen…feiern dann so einen Redlichkeitsfestival. Fairness. Gibt inneren Frieden.

Meist wird unterreagiert, selten überreagiert.

Guat, im Sport ist’s etwas anders. Kampfsportler haben wir mehr als Denksportler. Meist zählt dann am Schluss die Skiclub-Hockey-Club-Monarchie. Das kenn’ ich aus meiner Zeit im Oberengadin, die Arbeitgeber geben dir Arbeit, und sagen was politisch statthaft ist. (aktuell: Als SP-Lehrerin solltest du also nicht irgendwelche eigenen Gedanken und dann noch zu einem Flugplatz haben..)

Unsere selbst definierte Zugehörigkeit zu einer Sprach-Minderheit erlaubte es uns auch Förderungsgelder für alles zu verlangen –

 

…so nach dem vom WEF gelernten Prinzip: lächeln, lügen, lachsfressen. (aber subventioniert)

 

Gegen alles nichtschwammige sind nonkommunikative Aktionen in der Tagesordnung. So sehe ich dann oft Leute, die wegen mir die Strassenseite wechseln in der Churer Altstadt. Nur in der Obergasse, wo ich aufgewachsen, ist das etwas schwierig. Halt eng. Da ist es sowieso schwieriger abzuschätzen, ob dir jetzt gute oder weniger gute Menschen begegnen. Die haben nunmal einfach ihre Welten im Kopf. Demokratisch ausweichend.

Und die Nicht-Debatten-Unkultur ist ja unsere Form von Demokratie. So sprengt man auch nicht den Freundeskreis wenn’s doch so eng ist. Und ja, Schlammschlachten gibt’s selten bei uns. Abtrainiert. Systemsprenger? Bestenfalls beim Jagdgesetz.

Sie haben halt ihre eigenen Reinheitsgebote wie der Raiffeisen CEO aus der Surselva oder der Churer Stadtpräsident. Der Erste war mal gegen das Grundeinkommen, sah für sich aber eher so ein bedingungsloses Grundeinkommen in atemberaubend schwammiger Höhe.

Der Zweite rettet die Welt mit seinen FDP-Eigenverantwortungssprüchen und etwas undefinierbaren Führungs-Gelabbere.

Überall etwas Filzität.

Man muss eben gehen können wie ein Kamel, von dem es heisst, es sei das einzige Tier, das beim Gehen noch einmal durchkaut. Kauen ist auch seine Devise, er braucht für alles einen teuren Berater.

Eng haben’s auch die Bergbahn-Manager, die am emsigen Mahlen der Kieferknochen erkennbar sind, neuerdings erkennt man sie eher an den Restless-Legs. Verzweifelt parkinsonisch rudernde Tourismus-Manager, die immer wieder Erfolg vorkauen müssen.

 

Zum Schluss: Wenn ich den Eindruck erweckt habe, ich würde da an Bekümmernis zu Grunde gehen…ist nicht so. Ich sehe das auch schwamm-ig, Schwämmeln heisst bei uns auch Pilze suchen. Einige davon sind einfach giftig, wie ich.

Ich habe einen Heidenspass an der Verschwammung, in guten wie in schlechten Tagen. Wir haben ja bald wieder gute. Und in einer guten Demokratie wird alles so zu einer Sosse. Mit einer guten Sosse ist fast alles immer geniessbar.

 

 

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