Noch nie war ich so zweigeteilt, so fast schizo, wie beim Medienpaket, das am 13. Februar in der Schweiz zur Abstimmung kommt. Klar, wir wollen die Meinungsfreiheit aufrechterhalten. Den kleinen regionalen Medien helfen. Romanische und italienische Medien mitfördern. Die antidemokratischen Vollpfosten wegstimmen.
Wenn man zuviele Filme und Drehbücher angeschaut hat, hat man bei allem, was man tut, mitunter das Gefühl sich in einer Filmszene zu befinden. Mit unserem Regionalkonzern, der Südostschweiz, gehts mir auch so. Da wird gespielt. Die Bündner Zeitung von früher, war mal mein Traum-Leib-Blatt. (und ich hab’ auch oft mitgeschrieben..)
Wenn ich heute die Südostschweiz-On-line querdurch lese (Okay, so häufig mach’ ich das nun auch wieder nicht…), denke ich, die Zeiten haben sich geändert.
Wenn ich die SO lese, überkommt mich so eine Übelkeit wie bei den neuen Woody Allen Filmen.
„Komödie ist gleich Tragödie plus Zeit“ hat der mal gesagt, früher nerdige Filme gemacht und ist heute einfach wääh, zum genieren. Ja und wie der Woody ist auch der Output des SO Konzerns halt so gespielt „forever young“, zusammengedrechselt, eher tragödisch, auf new gemacht.
Die Praktikanten so im Stile von Rosa Wilder “Ech weiss ned obi nöime häre ghöre. Be jetzt eifach mol dert woni bi.“ Ja, sie geben sich Mühe jeden Tag die inseratereduzierte Zeitung mit einer bodenlosen Hölle von Harmlosigkeitsterror, Oberflach-Bündnerwissen und Schmal-Themen zu füllen. „Wer kann das ansehen, ohne leise zu schnarchen?“, hätte wohl Kafka leicht abgeändert gesagt.
So Suboptimisten halt. Das alles angereichert im Quasselstrom von Grossrats-Protokollen und Freakunfällen, von E-Bikes, der neusten Esel-Vermietungsstation oder einem härzigen neuen Regionaldichterli. Dazu….eine Ladung Politik-Verlautbarungs-Capuns-Maluns-Snowsport-Bike-Fruchtpürée. Sie lieben es daherzuschreiben über alles, was sie nicht überfordert.
Behäbig halt, so ein narkoleptischer Guss für uns Senioren. Manchmal komme ich mir vor wie auf einem Betriebsausflug der alten Walking Deads-FDP-CVP aus den 70er Jahren.
Eine abgrundtiefe stammtischstundenlange deprimierende Pseudo-Vielwichtigkeit und Vielschichtigkeit…
Halt einfach etwas mau und morsch, würde man heute sagen.
Dazu redet man sich ein, regionalen Recherchier-Journalismus zu betreiben: O-Ton: „Wir haben ja die Baukartell-Geschichte aufgedeckt…“– Ja, die „Republik“ hat die gehörig aufgemischelt, dann musste die SO nachträglich erst Dampf mitmachen.
Und dann überlege ich mir, dass ein Konzern wie die Südostschweiz und dadurch eine reiche Familie unter dem Vorwand von Sprach- und Minderheitenschutz Steuergelder für Media-Erhaltung kassieren wird…
Zugegeben: SO Radio oder TV sehe ich mir das ganze Jahr nie an. Die SRG macht da viel besseren Regionaljournalismus: Regionaljournal und RTR beweisen es immer wieder.
Und: 40 Millionen der 150 Millionen sollen für die Früh- und Sonntagszustellung von abonnierten Zeitungen ausgegeben werden. Also: noch mehr Zuschuss für unsereiner, für aussterbende Medienformate, für die Seniorenfraktion.
Und jeden Tag kommts mir hoch: Krankgesparte Redaktionen im Kosmos der Churer Polit-Provinzwelt..
All die Praktikanten in den Redaktionen werden jetzt wenigstens subventioniert.
Guat, das zentrale Problem im Journalismus ist überall das gleiche – intellektuell wie finanziell: Es braucht möglichst viele gute Köpfe. Doch die sind teuer und in GR noch rarer.
Vorbeugen ist immer noch besser als auf die Schuhe kotzen, hat übrigens der (damalige), brilliante Chefredaktor Steffi Bühler kürzlich geschrieben. Meine ich auch. Bündner Sport-Hallelujah (die Zeitung füllt immer noch 5 Sportseiten), kaum mehr Recherche, dauernde Tourismus-Lobby-PR mixed mit nichtendenwollendem Nichts von Fusionsgemeinden-Regionalpark-Bergbahnen-Media-sheets, dazu künstlich aufgegeilter Engadiner New-Kultur…
…ab und zu aufgehellt durch eine Kolumne von Andrea Masüger; der kann’s. (sie sehen, ich habe immer noch eine gute Leserbindung.)
Nur: aus gutgemeinten New-Management-Gefühlen lässt sich keine gute Zeitung machen. Die Bündner lesen zwar ihre Zeitung und hören und schauen ihr bereits hoch subventioniertes Provinz-Radio-TV. Und schauen dann wie die Steingeiss, der man die Heisenberg’sche Unschärferelation zu erklären versucht, obwohl sie sie schon längst intus hat. Und besser kennt als die Redaktion… Dies höre ich täglich in meinem Umfeld – denen gehts ähnlich.
In meiner Familie wird’s so aussehen, dass die eine Hälfte für und die andere Hälfte gegen das Medienpaket ist. Genauso gehts mir…JAin, jetzt.