„Das kostet mit diesem Fähnchen 30 Rappen mehr..“, ruft mir ein Bekannter, pensionierter Arzt, im Coop zu. Er zeigt eine 1.August-Wegge, einladend backfrisch – macht mich an. Mitfühlend, 68er-ironisch (er kennt mich so) rufe ich über die 20 Meter zurück:„Du hast nun mal keine Ahnung von Distinktions-Marketing…;-)“. Grinsgesicht.
Ja, klar kostet dieses Fähnchen in einer ganzschweizerischen Coop-Menge eingekauft wahrscheinlich 2 bis 3 Rappen. Nicht 30. (So genau weiss ich das nicht). Nur hab’ ich mich persönlich gewundert, dass das einer aus meiner Generation, Mittelschicht, überhaupt merkt. Ich hätte es nicht gemerkt. Weiss nicht mal, wieviel eine Wegge überhaupt kostet. (und zu diesem Zeitpunkt wusste ich auch nicht, dass Coop eine Berghife-Aktion daraus machte…)
Aber er hat ja im Kern recht. Er wollte nur ein Wegge ohne Nationalstolz-Aufpreis.
Gehört die Wegge jetzt zur kooperativen Neutralität von Cassis? So im Sinne wir bezahlen jetzt lieber etwas mehr für unsere Schweizer- National-Weggen-Neutralität? Statt Völkerrechtsverletzung.
Aber mindestens ein Hinweis zum heutigen Marketing ist’s: auch klar, man kreiert schnell so eine vermeintliche Authentiziät. Die wird dann rassig zur gutverkaufenden, teureren glatten Marke. Wie diese Tulpenzwiebel-Päckli die wir vor Jahren noch kauften, mit mit dem schönen Tulpen-Fotos drauf, die so schöne Kelche versprachen…
Oder die Schweizer-On-Schuhe…schön, dass jetzt alle Ärzte sie tragen, auch die Pensionierten. – Nach der ersten drei Paaren, die ich vor Jahren, als firstmover trug, merkte ich dass da viel Distinktionsmarketing ist. Heisst: Teurer und bessser erscheinen lassen – und dann dazu diese Swissness!
Nicht so schweizerisch waren dann die Sohlenabbrüche nach wenigen Kilometern.
(Auch der arme Roger scheint darauf reingefallen zu sein. Bei ihm werden’s dann Kohlen-Abbrüche) Und erst die On-Verwaltungsratshonorare. Guat, das ist relativ. Wie bei der Ems Chemie.
Also diese nationale Prestigefixierung…auf alles ein Schweizer-Fähnchen. Unsere selbsternanten Heimatschützer finden das nicht schlecht…die Weggen gab’s ja schon lange vor dem Tell. Und wir haben ja gerne den Fünfer + z’Weggli. Vielleicht sind die jetzt auch noch Handlungsreisende in Sachen Fähnli? Verkaufen da ein paar Jung-SVPer auch noch überteuerte Nationalstölzli (nicht nur strunzdoffe Ballermann-Songs?) Wie bei den Masken. Halt immer etwas verkehrt rum: zuerst teuer verkaufen und dann dagegen motzen. Oder ist’s etwa so eine präfaschistoide Mangelwahrnehmung von Fahnen-Knappheit? Wer weiss.
Guat, sie haben grundsätzlich Arier lieber als Prekarier.
Obwohl ihre Zwangsstörung „Benzinpreis subventionieren“ vermeintlich für die Prekarier sein soll. Sind aber eher für die Erdöl-Firmen.
Die SVP lernt uns jetzt auch noch Energie-isch: Ein richtiger General soll her, auch für Gas, Dieselmotoren und AKWs. Die sollen nun auch noch ein Schweizer Fähnli bekommen. – Ich seh‘ das eh wie der Köppel.:“Ich bin ja tolerant….aber die Russen. Dabei sind die Russen ja nur die Vorhut der Chinesen. Gute Kunden der Ems Chemie.“
Nun gut, Die SVPis kennen ihre Polit-Role-Models: Josef Stalin, ein Vorbild aus gleicher geopolitischer Region riet einmal: «Wenn du einem Huhn alle Federn ausreisst, es trittst und ihm dann ein paar Körner hinstreust, wird es dir auf dem Fuss folgen.»
So gesehen ist das überteuerte Fähnli auf den Weggen eher eine Deko, so fürs Fussvolk eben. Und zum Trost könnte ich jetzt meinem Senioren-Kollegen den Mediziner-Witz rüberzwinkern: „Ach Herr Kollege, Menschen sind auch nur etwas Zusammengeficktes.“