Kürzlich waren wir an einer Vernissage einer Freundin in der Churer Stadtgalerie. Dolores Rupa präsentierte „Shelter– eine Begegnung“, Fotokunst der besonderen Art: sehr sehenswert. (Nai, Kunst ist diesmal nicht das Thema)
Endlich wurde ich mal öffentlich in einem Speech zitiert, die Fotografin quotete einen meiner Dauersprüche seit 30 Jahren…“AS LANGT FÜR CHUR.“ Am Anfang war das Wort, nicht bös gemeint, ich war der Meinung, dass man wohl manches in meiner Heimatstadt besser nicht allzu perfekt mache, besser etwas subperfekt oder unterkomplex. Damit’s die Churer auch verstehen. Alles meist leichter verständlich und hat so gar keinen Anspruch auf mehr zu wollen.
Stimmt natürlich nicht immer. Stolz war ich doch auch auf unser Khur diese Woche. An der Eishockey WM wurde der zweite Sturm der Schweizer Hockey-Nationalmannschaft vorgestellt: der Bündner Sturm….mit Niederreiter, Corvi, Ambühl, dazu Goalie Mayer…auch Khurer. (Buehli zwar Davoser)
Und doch gibt’s da schon ein Paradoxon Chur. Im Sport sind wir ja teilweise Weltklasse, von Schurter bis Niederreiter. In anderen Dingen wie Kultur und Politik fühlt man sich und tut dann auch so. Das kann man auch kulinarisch meinen, oder einfach auf khurarisch mitlachen…schliesslich nehmen sich nicht ganz alle in unserer Stadt auch so ernst.
Die Grauzone aus dem seldwyligen einen und dem megalomanischen,
dem mit paradiesischem Tremolo vorgetragenen Marketing-Bullshit. –Diese Sphäre ist ja so grossartig in unserer grossartigen Stadt.
Chur hat ja sowieso kraft gewisser Verhandlungen, mit vielleicht einer höheren Macht, sowie der Historie und der Natur eine ganz besondere Genehmigung bezüglich seiner Vorzüge und seiner Freizeit-Assets erhalten…vielleicht unter der Voraussetzung, dass es sich dann punkto Stadtpolitik auch immer etwas über den Verhältnissen lebend, so grosskotzed gebärde…(das zeigt sich dann auch wieder umgekehrt proportional zu den Logiernächten…)
Wenn man gar nichts mehr weiss, fängt man an zu glauben. Das gehört sich sicher bei einer Bischofsstadt. Das kennen wir aus der Religion. So gesehen sind die Churer Wähler sehr religiös.
Guat, wahrscheinlich hat Gott am achten Tag nach der Schöpfung
beim Anblick von Chur, sich auch gesagt: “…das langt jetzt einige Milliarden Jahre“,
und bei den IT-Entwicklern unseres Bus-Abos muss das auch so gewesen sein…
Jo guat, jeder von uns erreicht einen gewissen Grad seiner Möglichkeiten um sich dann nicht mehr weiter zu entwickeln. Wie unsere Stadt und unser Stapi. Dieser hat so ein persönliches Credo „AU DABI“. Meist macht er das alles mit Grossbuchstaben. Dem scheint sich auch das neue Churer-Sportabo unterzuordnen. Das heisst nämlich auch so. Man ist jetzt dabei bei einem völlig überteuerten Abo, das niemand will.
Seinem höchstpersönlichen Auftrittswahn unterordnet unser Stapi alles, jede Event-Verlochata, von Churer-Torte bis Khultur-Häuser. Ja und eben, das erwähnte Abi entpuppte sich dann auch auch als Audabi-Rohrkrepierer.
OK, vielleicht ist das AUDABI-ABO nicht so schlecht wie die Churer-Bus-Abis, aber man beliebt dann schnell zu sagen: AS LANGT FÜR CHUR.
(nebenbei: so werden wohl auch unsere Politiker wieder gewählt…)
Hier haben ja sehr viele Sportler (mit erwähnten Ausnahmen eben), sehr sehr viel Holzwolle in den Gliedern, einige auch im Kopf als Neuronenersatz.
Die Last der Versalien schwillt ja meist im Selbstvergrösserungsversuch mancher öffentlicher Personen. Wobei allen klar zu machen, dass man ein Macher….ist schliesslich eine allgemeine Volkskrankheit. Man kann dann mit vermeintlich rationalistischem Managergetue das borniert-vernagelte Doof-Umsetzen erklären.
Jo, hemmer au – die in Chur vorhandenen – Manager-Simulanten, die mit dem importierten HSG-ismus und dem Fachhochschul-Cult. Wenn mit ernsthaftigkeitsumflorten Macher-Blick, Blendvokabeln und in einer Unfug-Power-Point-Schrottschleuse
wiederverwertete Hirnfick-Rückfälle als Innovation präsentiert werden.
Und meist ist dann die Beschreibung des zugehörigen Gesichtausdrucks „stadttragend-staatstragend“ noch untertrieben.
„Knapp denäbe isch au verbii– s’hät halt nit sölle sii..“ singt ja auch die nicht ganz ernstzunehmend Stubete Gäng, die züritütsch sehr erfolgreich die Zelt-Hitparaden füllt – (die Churer Hassler Buaba sind audabi und ihre Väter- audabi, gsesch…)
Und Fernando Pessoa, Ebennicht-Nobelpreisträger, dem es auch nicht für den Churer Literaturpreis reichte, fand schon vor Jahren: „ So lautet das Gesetz, demnach alle nicht erklärbaren Dinge dem Vergessen anheimfallen müssen.“ – Obwohl es Pessoa wahrscheinlich FÜR CHUR GELANGT hätte.
Guat, nicht nur Chur leidet unter akutem Musk.
In unseren behaglichen, traditionellen Stadtstuben sieht man den Punkt, wo man allas sait, was man denkt, bis zu dem anderen, wo man plötzlich nicht mehr sagt, was man denkt, nicht sehr weit ist. (das Sätzli: „AS LANGT FÜR CHUR“ ist bei mir vor 30 Jahren entstanden….heute würde ich das nie mehr sagen)
Persönlich würde ich immer wieder gerne manchen manchmal eine langen.
Alle haben ja nicht nicht die Absicht etwas schlecht zu machen…es langt aifach nit…mein Mut langt jetzt einfach nicht mehr als Pensionär denen mal eine zu langen.
„Nai, üs isch nüt uffgfalla“ sagen dann die Wähler, deren Gesichtsfurchen nicht aus Verzweiflung entstanden sind. Sondern wegen der outdoor-Qualität unserer Stadt und der Erkenntnis,
dass der zu sehende Churer Himmelsausschnitt halt klein ist, aber der Himmel, den man nicht sieht, SEHR GROSS ist. Und das langt doch bekanntlich.
Und jetzt schauten gestern die Schweizer Hockeyanern wieder mal zu im Final …knapp drnäbe isch au verbii – au dämoll hat’s nit söllen siii. Guat, as langt jetzt…mit diesen perfiden Mindficks meinerseits.